Wie kommt eigentlich unser Produkt da draußen an? Wer nimmt es wahr, wie wird es wahrgenommen, und wie lässt sich das steuern? Klassische Marketingfragen, die niemanden überraschen, solange es um Sneakers, Papiertaschentücher oder Software geht. Aber was soll eine Personenmarke sein?
Mein Marken-Ich
Ich verkaufe Text-Dienstleistungen; ein Produkt meiner höchst persönlichen Mischung aus Ausbildung, Erfahrung, Fachwissen und Kreativität. Was genau diesen Mix so besonders macht, trage ich nach außen – ich betreibe Markenbildung in eigener Sache, damit mich genau die richtigen Auftraggeber finden. PR-Expertin Kerstin Hoffmann möchte für ihre Blog- und Webparade #personalbrandmix von Personenmarken wie mir wissen, über welche Kanäle wir wie kommunizieren, um unsere Außenwahrnehmung zu beeinflussen. Das perfekte Thema, denn es berührt genau die Frage, warum ich jetzt auch noch dieses neue Blog bespiele.
Wenn online mein Name irgendwo fällt, dann meistens, weil es um Food geht. Auf diese Weise finde ich mich regelmäßig in Unterhaltungen über Essen, Kochen und Genießen wieder. Man könnte meinen, bei mir dreht sich von morgens bis in meine nächtlichen Träume alles nur ums Essen. Stimmt natürlich nicht ganz. Aber der Eindruck freut mich trotzdem, denn er ist das Ergebnis eines Prozesses, den ich bewusst in diese Richtung gesteuert habe. Er begann mit der Geburt meines Foodblogs im Mai 2013.
Vom Bauchladen zum Food-Fachgeschäft
Zu diesem Zeitpunkt war ich seit vier Jahren selbstständig und trat seit drei Jahren mit einer Website an die Öffentlichkeit, die im Großen und Ganzen verkündete: „Gebt mir alles, was irgendwie mit Schreiben, Lektorieren, Übersetzen zu tun hat. Hauptsache, Text.“ Klassische Anfängerinnenfalle: Aus Angst, das Angebot einzuschränken und damit potenzielle Aufträge von vornherein auszuschließen, rief ich: „Ich mache alles!“ Was draußen ankam, war allerdings – nichts. „Alles“ lässt eben kein Bild im Kopf entstehen.
Zumal dieses „alles“ gar nicht stimmte. Denn ein Thema zog sich von Anfang an wie ein roter Faden durch mein Berufsleben: Food. Ich hatte ein Volontariat im Kochbuchverlag Gräfe und Unzer (GU) absolviert, dort als Redakteurin gearbeitet und seit dem ersten Tag meiner Selbstständigkeit Kochbücher auf dem Schreibtisch gehabt – erst als Lektorin, sehr bald auch als Autorin und Übersetzerin. Nur meine Website zeigte von alldem keine Spur.
Am naheliegendsten wäre es jetzt gewesen, die Website zu ändern. Aber wie das so ist: Die Schuster tragen die schlechtesten Schuhe, und die Texterinnen kommen irgendwie nicht dazu, sich um die eigene Website zu kümmern. Mir erschien es einfacher, meine Food-Kompetenz auf andere Weise in die Öffentlichkeit zu tragen. So wurde mein Foodblog Schmeckt nach mehr geboren, in dem ich bis heute vor allem über die emotionale Seite des Essens schreibe: Kindheitserinnerungen, Lieblingsgerichte und Abneigungen, das gute Gewissen beim Einkauf von „guten“ Lebensmitteln (nur: welche sind das?) und das schlechte, das einem die monatlich wechselnden Gesund-essen-Trends einflüstern. Rezepte gab und gibt es natürlich auch.
Twittern mit Themenfokus
Schnell war klar: Ich hatte mein Thema gefunden. Und bald fanden immer mehr Leute über das Thema zu mir. Um mit dem Blog mehr potenzielle Leser*innen zu erreichen, legte ich mir das Twitter-Account @schmecktmir zu und hatte mein erstes Social-Media-Aha-Erlebnis: Von Kommunikation profitieren beide Seiten. Ich fand nicht nur neue Leser*innen für mein Blog, sondern auch lauter andere Food-Interessierte und mehr Themenideen, als ich in mehreren Leben zu Blogartikeln verarbeiten könnte. Andererseits gab es offenbar viele, die meine Twittereien spannend fanden.
Auf Twitter bin ich vor allem themenfokussiert unterwegs. Ja, es gibt mal persönlichen Austausch, aber das ist eher die Ausnahme. Ich twittere vor allem Links zu Artikeln, die mich interessieren. Wer mir auf Twitter folgt, bringt mich vor allem mit den Themen Genuss, Lebensmittel, Landwirtschaft und Bio in Verbindung. Das bleibt hängen. Ich mache aber auch keinen Hehl daraus, was mich sonst so interessiert: Genderfragen, Nachhaltigkeit, globale Gerechtigkeit und die Probleme Geflüchteter zum Beispiel.
Auch wenn ich es nicht schaffe, auf Dauer ständig ein hohes Level an Aktivität beizubehalten: Twitter ist mir neben meinem Blog als „externer“ Kanal am wichtigsten.
Ein Schritt weiter: Facebook
Der Schritt zu Facebook war klein. Trotzdem stand ich der Plattform von Anfang an mit gemischten Gefühlen gegenüber. Allein, dass es (außer dem „Abonnieren“) keine Möglichkeit gibt, sich sozusagen unverbindlich zu verbinden – nein, alle sind gleich „Freunde“. Huh. Ich komme zwar aus dem Rheinland, dessen Eingeborenen man den unbedingten Willen zur Sofortverbrüderung nachsagt, aber das war mir anfangs doch reichlich … nah.
Andererseits findet mehr Austausch und Diskussion statt. Ich bekomme mehr von den Menschen in meinen Facebook-Kreisen mit und sie natürlich auch von mir. Wobei: „Mehr“ heißt hier oft „mehr vom selben“. Meine Beiträge auf Facebook drehen sich noch häufiger um Food als auf Twitter. Das liegt zum einen daran, dass Essen und Trinken alle angeht – ideal für Facebook, wo Persönliches stark im Vordergrund steht. Zweitens aber überlege ich mir auf Facebook schon sehr genau, was ich teile. Während ich auf Twitter diverse Links über den Tag verteilen kann, weil sie sich „versenden“, würde das auf Facebook nerven. Also bin ich dort vor allem die Frau fürs Food.
Bei aller Hassliebe zum großen Zeitvernichter Facebook: Viele Gruppen sind toll. Ich habe dort schon wertvolle Infos bekommen und bereichernde Kontakte geknüpft – und zwar über das Thema Food hinaus. Die Möglichkeit, meiner Personenmarke in Gruppen neue Themenfacetten hinzuzufügen, will ich in Zukunft stärker nutzen.
Spielwiese Instagram
Instagram betreibe ich nicht ernsthaft. Ich bin kein sehr visueller Mensch – das textlastige Twitter liegt mir mehr. Eine schlechte Handykamera, mangelnde Geduld bei der Bildbearbeitung und bei der Auswahl von Hashtags zeigen deutlich, dass es mir hier nicht um Followerzahlen geht. Auf dem Instagram-Profil @schmecktnachmehr gibt es natürlich auch etwas zu essen, aber ich poste das, was mir im Alltag begegnet. Auf Reisen führe ich damit zudem eine Art Bildtagebuch. Wenn ich mag. Denn auf Instagram regiert das Lustprinzip.
Kurze Rekapitulation
Mit meinem Foodblog trat ich zum ersten Mal so richtig öffentlich in Erscheinung und verknüpfte meine Personenmarke effektiv mit dem Thema Food. Mit jedem Social-Media-Kanal, der hinzukam, wurde das Bild ein bisschen persönlicher, aber die Stoßrichtung blieb die gleiche.
Die Strategie ist aufgegangen. Allerdings ist es jetzt an der Zeit, etwas nachzusteuern. Denn erstens werde ich zwar als „die Food-Frau“ wahrgenommen, aber im Wesentlichen als Bloggerin, nicht als Texterin. Wenn man von Texthonoraren leben möchte, ist das nicht so günstig. Zweitens möchte ich als Texterin gar nicht ausschließlich auf Food reduziert werden. Im Gegenteil: Ich freue mich sehr, dass ich mich für meine Kund*innen auch mit anderen Themen beschäftigen kann.
Und schließlich: Da war ja noch der unfinished business mit der Bauchladen-Website …
Xing und LinkedIn
Immerhin: Auf meinem Xing-Profil habe ich es, anders als auf meiner geschäftlichen Website, schon vor Jahren geschafft, meinen Food-Schwerpunkt sichtbar zu machen. Aktiv bin ich auf Xing allerdings schon lange nicht mehr. Dabei war das Business-Netzwerk mein erstes Online-Netzwerk überhaupt, und in den Anfangsjahren meiner Selbstständigkeit spielten ein paar aktive Gruppen eine sehr wichtige Rolle für mich. Diese Zeiten sind längst vorbei. Die aktive und persönliche Kommunikation findet inzwischen woanders statt. Xing ist für mich ein Online-Adressbuch, mehr nicht. Für LinkedIn gilt noch nicht mal das, denn dazu bin ich zu kurz dabei und zu selten da.
Textdarstellung auf Torial
Zeigt mich Xing mit meiner professionellen Food-Kompetenz, so nutze ich für die Darstellung einer gewissen Text-Bandbreite ein Profil auf Torial. Denn auch Arbeitsproben gab es bisher nicht auf meiner Website. Der Fokus von Torial liegt auf journalistischen Texten; Werbliches ist dort also nicht zu besichtigen, aber dafür kann ich dort verschiedene Textformen von Reportage über Interview bis Rezension darstellen.
Rückkehr nach Hause: Die neue Website
Das hat sich jetzt geändert. Meine neue Website, realisiert von Ina Baumbach, zeigt mich endlich so, wie ich wahrgenommen werden möchte: als Texterin mit den Schwerpunkten Food und Nachhaltigkeit und einem lebhaften Interesse an anderen Themen. Die Personenmarke wird dadurch um ein paar Facetten erweitert – zum Glück!
Meine Aufgabe ist jetzt, das auch aktiv zu kommunizieren, und zwar an die Richtigen. Meine potenziellen Auftraggeber, kleine oder mittelständische Unternehmen, suchen auf Foodblogs vielleicht Kooperationen, aber mit Sicherheit keine Profitexter. Das neue Blog Teepause, integriert in diese Website, soll dieser Zielgruppe in Zukunft beruflich relevante Inhalte bieten: Sprach- und Schreibtipps sowie Marketingthemen, außerdem Brancheneinblicke.
Mein Foodblog wird es natürlich weiterhin geben, denn dort habe ich die Freiheit, meinen eigenen Genussinteressen und Essenfragen zu folgen. Außerdem bringt es mich mit Menschen ins Gespräch, immer wieder.
Das mit den Gesprächen findet übrigens auch offline statt, und dieser „Kanal“ wird mir immer wichtiger. In den letzten Jahren habe ich gemerkt, dass ich bei Weitem nicht allen interessanten Personen online begegne. Für viele ist das Internet nicht der Ort für fachlich relevanten Austausch. Ich bin daher jetzt öfter auf Messen, Veranstaltungen und verabrede mich zum Kaffeetrinken. Wie meine Personenmarke dabei wahrgenommen wird? Nur so viel: Auch offline landen Gespräche immer wieder beim Thema Essen. Seltsam.
[…] Sabine Schlimm: Die Texterin hinter dem Food-Thema. Mein #personalbrandmix (in: Punkt Komma Text) […]